Wir lieben Wild...egal ob Reh oder Wildschwein. Wir haben eine gute Quelle für frisch Gejagtes. Und Herr Kampi freut sich, wenn er mal wieder seine Hobby-Metzger-Qualitäten an einem ganzen Tier ausleben kann.
Deshalb sollte an einem der letzten Sonntage mal wieder Frischling auf die Teller. Gesagt...getan.
Nur über das wie hab ich mir eine ganze Weile den Kopf zerbrochen.
Schließlich hielt ich eines meiner Lieblings-
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Foto: Collection Rolf Heyne |
Das Scheitern liegt sicher nicht unbedingt daran, dass ich einiges im Rezept den Gegebenheiten und Vorräten meines Kochlochs angepasst hab. Die Zutatenliste war für mich logisch, die Beschreibung des ganzen Rezepts nicht zu lang und durch die Gliederung durchaus auch nachkochbar.
Wer von euch dieses Meisterwerk eines Kochbuches im Regal hat, nehme es zur Hand und schlage auf Seite 48/49 nach...und leide mit mir.
Rehjus kochen...kann ich. Hab ja schließlich Rehfond im Vorrat! Meine erste Abwandlung: ich mach ne "richtige" Sauce. Schalotten würfeln, anschwitzen, mit Port, Rotwein ablöschen. Rehfond dazu, reduzieren und vorm anrichten mit Butter aufmontieren. Nicht wirklich schwer.
Vakuumierte Kastanien glasieren ist jetzt auch nicht hohe Kunst für mich (ja, ich hab die Folie vorher entfernt!). Der Madeira wurde zwar durch roten Port ersetzt, aber was solls. Geschmacklich top!
Aus Maroni, Butter und anderen Zutaten ne Kruste herzustellen, war auch nicht schwer. Obwohl ich Johannisbeerpulver und Esskastanienmehl weggelassen und dafür Semmelbrösel verwendet hab. Ich mach die Kruste immer mit Semmelbrösel!
Das Rotkohlpürree...paaaaah! Hallo! Steht doch im Rezept!
Ne Art normalen Rotkohl ansetzen.
Gut, den Aceto hätte ich im Normalfall nicht unbedingt zugefügt, aber er passt super. Dass ich die frischen Heidelbeeren durch Cranberries ersetzt habe, ist auch nicht wirklich rebellisch.
Lange genug kochen soll der Kohl. Egal wie. Ob mit Pergament auf dem Kohl, im Schnellochtopf, oder klassisch.
Aber ein glattes Pürree wurde das einfach nicht. Ich hab keinen Mixer! Erst recht keinen Profimixer. Ich pürier einfach. Mit meinem Pürierstab. Dabei kommt allerdings nur (wohlschmeckendes) Rotkohlkrümeldingens raus.
Die im Rezept vorgesehenen Schwarzwurzeln ersetze ich durch Kartoffelpürree. Einerseits, weil ich mich im Moment noch dem Wintergemüse verweigere...andererseits, weil wir Landpomeranzen immer noch eine richtige Sättigungsbeilage haben wollen.
Jajaja...der ausgelöste Rehrücken war bei mir ein Frischlingsrücken! Aber mal ehrlich, wer will denn schon so kleinlich sein.
Ich brate das Fleisch an...nachdem ich mit meinem Wildgewürz (Koriander, Lorbeer, Wacholder, Nelke, Piment, Thymian, Pfeffer, Salz) gewürzt hab. In Butter, so stehts ja schließlich im Rezept. Ich hol die Kruste aus dem Froster, geb sie auf die Fleischstücke und jene dann in meinen Backofen. Ganz oben, da ist es am heißesten. Oberhitze quasi.
Ihr braucht gar nicht lachen. Gasofen auf volle Pulle und Einschub ganz oben ist bei mir Oberhitze.
Das hier ist ja schließlich das Kochloch und keine Sterneküche. Ich hab nen alten Gasherd. Damit muss ich auskommen. Das verlangt einiges an Improvisation. Heißt im konkreten Fall: das Fleisch muss raus, bevor die Kruste Farbe bekommt. Sonst wirds
Also ab damit auf den Teller. Immer das Vorbild aus dem Buch im Kopf.
Geschmacklich ein Knaller!!!! Uiuiui...aber optisch war das wohl eher nichts.
DENN!
Genau SO sah es im Buch aus!
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Foto: Collection Rolf Heyne |
FAZIT: Ich kann Rezepte lesen. Ich kann (vielleicht) kochen. Ich kann abwandeln, improvisieren, ein Gericht meinen Gegebenheiten, Vorräten, Gerätschaften anpassen. Ich kann sicher auch ergänzen, ersetzen, weglassen...am Ende schmeckts.
ABER: ich kann nicht anrichten.
UND: Sterneköche sind nicht umsonst hochdotiert.Sie können es einfach! Sowohl kochen, als auch anrichten. Und es schmeckt bei ihnen einfach
UND: Sterneköche schreiben ihre Rezepte mit einer für sie selbstverständlichen Selbstverständlichkeit auf. Leicht zu lesen. Weil sie all die Tricks und Kniffe zwar drauf haben, aber auch beim Nachkocher voraussetzen.
ABER: Ich liebe die Überflieger-Kochbücher. Weil sie so schön anzuschauen sind. Weil sie Lust machen. Weil die Fotos mir das Wasser im Munde zerlaufen lassen.
UND: Ich bin nicht wirklich traurig und enttäuscht, dass mein Teller nicht so aussieht wie im Buch.
Im Gegenteil! Für mich ist da noch ganz viel Luft nach oben. Ich weiß, ich kann noch ganz viel in meinem Kochloch ausprobieren.
Ich werde nie an diese Perfektion herankommen. Das will ich auch gar nicht. Aber so ein wenig schwelgen und sich anmaßen, dass man genau das auch hinbekommen würde, wenn man sich nur genug anstrengen und viel üben würde.
Genau dafür liebe ich Kochbücher!
UND: Genau aus diesem Grund ist dieser Post ein Beitrag für das Event "Jeden Tag ein Buch"
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jeden Tag ein Buch |