Heute weiß ich gar nicht so recht, wie ich hier anfangen soll. Ich hab heute echt ne Katastrophe erlebt!!! Und das obwohl ich es mir so schön ausgedacht habe.
Das sonntägliche Mahl stand ja wieder an.
Der Herr Kampi hat von seinem Jägerfreund mal wieder nen Rehrücken bekommen. Gut, das hatten wir ja vor zwei Wochen schon. Aber zum einfrieren war der mir echt zu schade. Wir lieben doch Wildfleisch. Aber einfach nur gebraten, mit lecker Sößchen und Beilage wollt ich auch nicht schon wieder.
Diesmal sollte es was extravagantes, besonderes sein. Das ich nen Rückenfilet zartrosa braten kann, weiß ich doch! Und meine Familie auch. Also was aufwendiges!
Doch was?
Kochbücher gewälzt, Kochzeitschriften durchgeblättert. Und da!!! Ein Rezept von Jörg Sackmann.
Er nimmt zwar ein Hirschfilet, aber wir wollen ja nicht päpstlicher sein als der Papst. Man muss sich ja nicht so streng an ein Rezept halten. Ist jedenfalls meine Meinung! Rezepte sind Anregungen, keine Anleitungen!
Also Rehfilet im Gewürzmantel. Das heißt, das Filet wird in einen mit einer Farce bestrichenen Crepes gewickelt und dann im Alufolienmantel gegart!
Klingt gut, ne? Dazu hatte ich mir Vanillemöhren vorgestellt, eine Granatapfel-Wildsauce und Thymian-Kartoffelpürree.
Das Rezept für das Fleisch hab ich aus der "Lust auf Genuss" 10/2010. Wer das Heft besitzt kann ja auf Seite 23 mal das Originalrezept nachlesen.
Und da die Zubereitung wirklich einigen Aufwandes bedarf, habe ich schon am Vorabend angefangen. Die Knochen angeröstet, Wurzelwerk dazugegeben, mit Port und Rotwein abgelöscht,meinen Rehfond aus dem Vorrat zugegeben und das alles über Stunden auf dem Herd leise vor sich hin simmern lassen. So weit, so gut!
Die Crepes hab ich auch schon vorbereiten wollen und so nahm die Katastrophe ihren Anfang!
Das Rezept sah vor, aus 100gr Mehl, 180ml Milch, 3 Eiern, 1 Eigelb 25gr brauner Butter, und 70ml Wasser einen glatten Teig zu rühren, der mit Piment, Wacholder, Zitronenzeste, Salz und Pfeffer gewürzt wird.
Nur bei mir war das kein Teig, sondern ne dünne Brühe. Aber Versuch macht kluch. Also versuchen wir das ganze mal zu backen. Das soll, laut Original, einen dünnen Crepes ergeben, der sich dann zu einem Rechteck mit den Maßen 20x25cm schneiden lässt. Ich hab ihn in ner 28er Pfanne gebacken und hab drei, nicht wirklich hauchdünne Pfannkuchen bekommen. (da ich nur zwei Filets habe, hab ich dann eben noch einen in Reserve)
Ich hab sie nicht zu dunkel werden lassen, da sie ja dann später nochmal gegart werden.
Die Pfannkuchen hatten wir somit schon mal. Die durften dann auch schön zugedeckt in unserer Außenkühlung auf ihre Veredlung warten.
Heute dann hab ich als erstes die Sauce aufgesetzt. Zwiebeln fein geschnitten, in Butter angeschwitzt, mit Portwein abgelöscht, runterreduziert. Mit Rotwein aufgegossen, wieder runterreduziert. Wieder mit Rotem aufgegossen, wieder reduziert. Rehfond aufgegossen...... das Spiel zieht sich, ne gute Sauce braucht schon ihre Zeit!
Jetzt das Fleisch. Das Rezept des Herrn Sackmann sah Kalbfleisch vor, um die Farce herzustellen. In Ermangelung dessen habe ich die kleinen Filets genommen, die waren viel zu klein um sie zu braten. Die Menge entsprach genau der Menge an Kalb, die Herr Sackmann benutzt. Dieses wurde dann von mir im Blitzhacker mit kalter Sahne gemixt. Als Gewürze kamen hinzu Wacholder, Zitronenschale, etwas Portwein und Cognac (ich hab Brandy genommen). Im Original dann noch Steinpilzwürfel und Steinpilzpulver. Der Herr Sackmann streicht die Farce vor dem Zugeben der Pilzwürfel noch durch ein Sieb. Darauf habe ich aber verzichtet, da meine Küche nur ein Kochloch ist und schon viel zu vollgestellt mit Pfannen und Töpfen war.
Die Farce hab ich nach meinem Gusto schön kräftig abgeschmeckt und danach wie in der Anleitung wieder kalt gestellt. Dann das Filet von allen Seiten kurz anbraten und mit Salz und Pfeffer würzen. Und ebenfalls kaltstellen.
Jetzt waren die Möhren dran. Karin hat mich daran erinnert, dass ich lange nicht mehr mit Vanille gekocht habe. Also an die in Stifte geschnittenen Rüben etwas vom Mark. Da die Möhrchen von Natur aus schon recht süß waen, hab ich auf die sonst übliche Prise Zucker verzichtet. Nur etwas Butter zum Anbraten und etwas Zitronensaft. Abgeschmeckt mit Salz und Pfeffer.
Und dann hab ich einen Moment nicht aufgepasst! Vielleicht hat mich auch der Herr Kampi abgelenkt? Er ist ja heute wie von der Tarantel gestochen mit dem Fotoapparat in der Küche rumgesaust. (
er stand eigentlich ständig im Weg, aber.... pssssst, erzählts ihm ja nicht! Sonst muss ich auf die schönen Bilder hier verzichten!)
Die Möhren sind auf jeden Fall zu weich geworden, na super!
Na wenigstens kann mir beim Kartoffelpürree nichts passieren. Heute hab ich mit den Kartoffeln eine Knoblauchzehe und etwas Thymian mitgekocht. und die Milch durfte auch schon Geschmack annehmen, Knoblauch,Thymian, Lorbeer.Dei Kartoffeln mit dem Knoblauch durch die Presse gedrückt, mit der Würzmilch zu einem Pürree gerührt und noch etwas kleingeschnittenen Thymian untergehoben, lecker!
Dann kam das Fleisch an seine Endzubereitung, der Hauptact sozusagen. Die Farce auf den Crepes streichen, das Fleisch auflegen, einrollen und in Alufolie wickeln. Da hab ich doch glatt bei einer Rolle die Spinatblätter vergessen, die ich eigentlich noch mit einwickeln wollte. Also eine Rolle mit und eine ohne.
Und jetzt das garen. Der Herr Sackmann schreibt, er gart die Rollen in 75°C warmen Wasser etwa 18-20 min. Da war ich schon sehr skeptisch. Also hab ich beschlossen, die Pakete im Ofen zu garen. Was sollte denn da schon passieren. Also den Ofen auf knapp unter 100°C geheizt und das Fleisch hineingeschoben. Nach 20min die Rouladennadelprobe, kalt. Na toll! Also noch mal zwanzig Minuten!
In der Zwischenzeit bekommt dann eben meine Sauce den letzten Schliff. Von einem halben Granatapfel presse ich den Saft aus und geb ihn zu der Reduktion, die jetzt genau die richtige Kraft hat. Nur noch Salz und Pfeffer, pürieren, fertig! Ich hab sie ein ganz klein wenig mit Stärke abgebunden, damit sie auf dem Teller nicht so verläuft.
So jetzt müsste das Fleisch doch fertig sein. Wieder die Nadelprobe, neee! Niemals ist das gut! Also den Ofen hochdrehen, nochmal 10min. Dann wieder die Probe! ?????
Könnte gut sein, muss aber nicht.
Genau aus dem Grund mag ich nicht backen. Ich hab kein Vertrauen in meinen Ofen!!! Der ist schon so alt, heizt nicht gleichmäßig und manchmal geht er auch aus. Und ist so ein Teigteil mal drin, hab ich keine Möglichkeit der Beeinflussung mehr. Beim puren Fleisch, da schau ich, rieche, drücke drauf und kann dann einschätzen: gut oder braucht noch. Aber bei nem Kuchen oder wie heute bei dem eingewickelten Fleisch.... da kann ich nicht einfach mal so drücken und fühlen, ob es meinen Erwartungen entspricht.
Nach einer unendlichen Zeit, mittlerweile ist das Fleisch fast eine Stunde im Ofen, beschließe ich, das ganze mal anzuschneiden. Und? Könnt ihr es euch denken? Das Fleisch ist noch roh!
Also den Ofen weiter hochgedreht, das Fleisch wieder in den Alumantel gehüllt und wieder in den Ofen, weiter warten. Irgendwann hab ich echt sowas von die Schnauze voll und richte an. Meine Familie bekommt die Randstücken, die nun wenigstens schön rosa sind. Der Rest darf noch ein wenig in den Ofen.
Und dann beim Anschneiden die nächste Katastrophe, der ausgetretene Fleischsaft hat während des Garens den Crepes vollkommen durchtränkt und fast grau werden lassen. Ich habe Mühe schöne Scheiben zu schneiden, ohne dass das Ganze auseinander fällt.
Jetzt reichts mit den Katastrophen denke ich! Päh! Da hab ich das Ganze noch nicht in seiner Gesamtheit gekostet! Die Möhren schmecken, trotz der Menge Salz, wie Pudding! Und die Farce? Wie ein Leberknödel, von Portwein, Brandy oder Zeste ist nicht mal ein Hauch zu schmecken! Und der Gewürzcrepes? Na von Gewürzmantel kann ja hier keine Rede sein, es ist einfach nur eine labberige Umhüllung, mehr nicht. Die Sauce kann es auch nicht richtig mit dem Rest aufnehmen, obwohl sie Solo wirklich gut schmeckt!
Das beste war wirklich das Pü!
Und das Fazit? Mantel und Farce sind für die nächsten Runden ausgeschieden! Schade ums Fleisch! Ich koche nie wieder Rezepte von Sterneköchen nach, die nicht schon den Bloggertest bestanden haben.Ich werde mich weiter beim Kochen auf meinen Instinkt und meine Erfahrung verlassen.
Und die Granatapfelflecken bekomme ich bestimmt auch nie wieder aus meinem neuen Pullover!
Ist ja mal ne schöne Erinnerung!
So und jetzt baut mich mal auf!!!