Ich habs gesehen. Die meisten von euch haben sich die Augen gerieben. Fragende Gesichter. Heute ist doch gar nicht Dienstag!
NEIHEIN, ist auch nicht.
Aber Dienstag halb vier ist so ungefähr die Zeit, zu der der Herr Kampi das erste mal die Frage stellt: "Was essen wir am Sonntag Mittag?"
Und ich antworte: "Es ist Dienstag halb vier, dass weiß ich doch jetzt noch nicht! Frag mich Sonntag früh noch mal!"
Jede Woche dasselbe.
So auch diese Woche.
Ich hatte ja auch Entzugserscheinungen (hab mein kleines "Kochloch" im Urlaub vermisst).
Gut, in der Woche hab ich schon die ein oder andere Kleinigkeit gekocht. Wir müssen uns ja ernähren. Das Sonntagsmahl ist uns aber besonders heilig.
Aber bei der Wärme hab ich auch nicht groß Lust gehabt über den Markt zu schlendern, um mich inspirieren zu lassen. Und eigentlich bin ich ja noch nicht richtig zu Hause. Mir fehlen die schönen frischen Sachen in den Supermärkten, so wie ich sie in Südtirol gesehen habe. (Bin irgendwann in der Woche in einen hiesigen Supermarkt gegangen und hätte heulen können, ob der miesen Qualität)
Wenigstens haben wir im Nachbardorf einen super Gemüsemarkt, der Wert auf gute Produkte legt.
Dort haben wir noch mal einen Korb mit schönen frischen Pfifferlingen kaufen können.
Die Kühltruhe ist bei uns immer gut gefüllt. Da wird sich schon ein gutes Stück irgendwas finden, aus dem man etwas ordentliches machen kann.
Am Samstag wühle ich mich mal durch das Kühle.
Einen Rehrücken hätten wir doppelt. Nach kurzer Rücksprache mit Herrn Kampi steht fest, den gibt es. Aber wie, und vor allem was dazu? Bei der Hitze hätt ich ja Lust auf was fruchtiges oder leichtes. Kann aber nichts so richtig im Web finden, was mich inspiriert.Und immer wieder mediterranes Gemüse ist auch langweilig.
Ich nehme mein neues Kochbuch in die Hand und blättere durch.. Das inspiriert mich.
Muss ich nur noch ein paar Zutaten besorgen, die es in jedem Supermarkt -auch hier- gibt.(dachte ich)
Und Sonntag vormittag gehts los!
Der Herr Kampi hat schon mal das Fleisch vom Knochen gelöst und jene zerkleinert. Die röste ich an, Nebelschwaden durchziehen das Haus (gut, dass wir keinen Rauchmelder haben). Die Nachbarn denken bestimmt: "Wann lernt die endlich kochen?"
Dazu zerkleinertes Suppengemüse, Knoblauch, Chili, Wacholder, Lorbeer, Thymian, Rotwein, Wildfond...
Das lasse ich eine Weile vor sich hin köcheln.
Dann schwitze ich Schalotten an, geb Knoblauch und getrocknete Steinpilze dazu, ein wenig Tomatenmark für die Bindung, mit Himbeeressig und Rotwein ablöschen und einreduzieren lassen. Ganz zum Schluss etwas Himbeersirup zugeben.
Einen Blumenkohl zerteilen und putzen, die kleinen Röschen (etwa ein halber Kopf) beiseite stellen und die zerkleinerten Stiele mit einem Stück Zimtstange, Zitronenschale, Butter, Sahne und Milch weichkochen und anschließend zu einem Mus pürieren (Zimt und Schale vorher rausfischen!). Mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken.
Möhren (Karotten, gelbe Rüben...) schälen und auch mit Butter, Sahne und Milch weichkochen, ebenfalls pürieren und mit Salz, Zucker und Muskat abschmecken.
Die Pfifferlinge putzen und in einer Pfanne in Olivenöl mit Knoblauch, Chili, gemörserter Fenchelsaat anbraten und dann abschmecken mit Salz und Pfeffer.
Die kleinen Blumenkohlröschen braten einfach nur in Butter an, gewürzt mit Salz, Pfeffer und Muskat.
Jetzt das Highlight, das Rehfilet.
Salz und Pfeffer genügen. Aber eine kleine Raffinesse hab ich noch, Inspiration aus meinem neuen Kochbuch. Das sieht eigentlich vor, das Fleisch in Mohnsaat zu wälzen und dann anzubraten. Doch leider ist keine Mohnsaat aufzutreiben. Nur Mohnfix. Nach dem Öffnen und Riechen steht fest,dass das passen könnte. Ich reib das Fleisch zaghaft damit ein (es ist ja auch Zucker und Aroma drin!) und brate es an. Ein köstlicher Duft zieht durchs ganze Haus. (Was mögen die Nachbarn nur jetzt schon wieder denken?)
Nachdem das Bambi ganz sanft im Ofen gezogen hat, übergossen mit aufgeschäumter Butter mit Knoblauch, Rosmarin, Thymian und Wacholder, darf es sich noch ein wenig ausruhen, bis ich das alles auf einem Teller anrichte. Zum gebratenen Blumenkohl mische ich noch ein paar ganz kleine Buttercroutons. Das Sößchen (bescheuerter Ausdruck für so etwas köstliches!) wird durch ein Sieb passiert.
Hmmm, lecker. Wenn man bei der Hitze nur nicht in der Küche wegfließen würde. Aber das Lob des Herrn Kampi war mir die Sache wert!
9 Kommentare:
Hochachtung vor dieser Kocherei bei den Temperaturen. Ich hätte es nicht kochen wollen, essen dafür umso lieber.
Mein Lob hast Du natürlich auch! ;-)
Ich hätte gern mitgegessen!
Alle Achtung .. bei dieser Hitze so ein aufwendiges Gericht !
Aber gegessen hätte ich es auch sehr gerne :-)
Ich hätte auch lieber mitgegessen. Bin aber sehr erstaunt über deine Aussage der Supermärkte bei uns; hab immer geglaubt, die Auswahl wäre bei Euch doch größer? oder meinst du die Qualität?
@FdgG, Peter und Karin, danke für euer Lob. Ihr seid das nächste Mal herzlich eingeladen, virtuell:-)
@Siglinde, auch dich lad ich gern ein. Mag sein das wir in unseren Supermärkten mehr Auswahl haben. Aber brauch ich das alles? Wenn ich Mohnkuchen backen will brauch ich Mohn dazu und weiß, wie ich den verarbeiten muss. Wozu braucht man dann eigentlich Mohnfix? Mit Aroma und Konservierungsstoffen? Und ich wollte ja auch nur Mohnsaat haben. Das bekomm ich hier aber nicht!
Bei euch bekomm ich in jedem Dorfladen super frische Produkte. Ich erinnere mich an ein Bund roter Lauchzwiebeln, die ich in Sexten gekauft habe, knackig frisch. Und wenn dann die Qualität stimmt, bin ich bereit auch den Preis dafür zu zahlen. Und hier bekomm ich Lauchzwiebeln für 49 Cent. Die nützen mir aber nix, weil sie so mies sind. Aber ich kann ganz viele Tütchen kaufen mit denen ich was kochen kann ohne kochen zu können. DAS WILL ICH ABER NICHT HABEN!
Wow, bist Du fleißig! Ich bin dann auch beim Essen und nicht beim Kochen dabei.
Ja, Einkaufsquellen... In Deutschland ist das in vielen Regionen echt ein Problem, die Qualität hapert, dafür eine Wahnsinns-Auswahl an Fertigzeugs - Angebot und Nachfrage - traurig...
Mohn kaufe ich in Tschechien.
Da hab ich das doch viel besser. Herr Suse fragt erst am Sonntag so geben 17:00 Uhr, was es denn wohl heute zu Essen gäbe, da muss ich mich nicht auch noch von ihm unter der Woche unter Druck gesetzt fühlen...reicht ja, wenn ichs selbst mache ;o)
Ich melde mich auch lieber zum essen an - auch weil Ihr bestimmt einen Garten habt. Da laesst sich Reh auch im Sommer mit viel Appetit essen...
@Barbara,
ja in Tschechien bekommt man bestimmt noch so was ursprüngliches. Abe rnur deshalb ist mir der Weg zu weit.
@Suse,
na ja ein bisschen setz ich mich ja selbst auch unter Druck:-)
@Jutta,
ne Garten haben wir auch nicht. Nur einen kleinen Innenstadt-Hinterhof. Dort kann man auch draußen sitzen. Aber mit der Outdoor-Küche, dass muss ich mit Herrn Kampi noch auskämpfen. Hab ja bald Geburtstag, vielleicht werd ich erhört.
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