Dienstag, 4. Mai 2010

Spannung, Spiel und...?

Als unser Sohn in das Schokoladenalter kam, hab ich sie geliebt, Überraschungen. Schön verpackt in Staniolpapier, in den Farben orange und weiß, mit blauer Schrift (wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht -ein paar Jährchen ist es ja nun schon her). Das hatte doch was. Man wusste genau, was man zu erwarten hatte. Selbst wenn da nur Kinkerlitzchen aus der gelben Kapsel zum Vorschein kamen, die Schokolade machte alle glücklich. Und so wirklich überraschend war da ja nun auch  nichts.
Jetzt, da Frau Kampi und auch der Herr junior weit über dieses Alter hinaus sind, hat sich das Empfinden für Überraschungen verschoben.
Und das Vergnügen, die Schokolade zu genießen, hat deutlich nachgelassen.
Aber ab und an freue ich mich schon, wenn ich überrascht werde. So auch letztes Wochenende. In der Hoffnung vor dem Muttertag -dem Großkampftag der Floristen- noch einmal ein klein wenig Ruhe zu genießen, habe ich nicht allzuviel eingekauft. Der Herr junior hatte ja noch seinen letzten Praktikumstag zu absolvieren, und da war er essenstechnisch auch versorgt. Da hatte ich mir mal vorgenommen, keinen Aufwand mit Kochen zu betreiben.
Spontan haben wir deshalb ein Treffen mit Freunden am Freitagabend zugesagt, obwohl der Herr Kampi gar nicht so begeistert schien. Nach der Arbeit habe ich schnell noch einen Spargelsalat gezaubert -schüttelt Frau Kampi doch aus dem Ärmel. Das Beisammensein gestaltete sich auch sehr lustig, bis sich das Handy von Herrn Kampi mit dem häßlichen Klingelgeräusch meldete(obwohl er doch sonst nie ein Handy bei sich trägt). Ein Blick aufs Display weckte eine Ahnung.
Und wer meldete sich mit der Festnetznummer der Eltern der Frau Kampi?  Einer, der seit zwei Jahren nicht mehr einfach klingeln kommt, um nachzufragen, was es denn heute zu Essen gibt. Der Bruder der Frau Kampi. Einfach mal übers Wochenende vom Bodensee bis in die Heimat gefahren, wegen der Schwester und wegen deren guten Essen?!
!!!ÜBERRASCHUNG!!!
Wir sehen uns ja viel zu selten. 700 Kilometer sind schon eine ganz schöne Distanz. Für uns jedenfalls.
Wie war ich doch happy!!!
Die Freunde schauten ein wenig bedeppert, als wir unseren Besuch so früh abbrechen mussten.Aber Blut ist nun mal dicker als Wasser.
Obwohl wir fast täglich telefonieren, hatten wir uns so Auge in Auge viel zu erzählen. Und er schwärmte mir vor, dass er sich schon auf mein Gekochtes freuen würde.
Doch wie verköstigen wir Ihn?
Der Vorrat der Frau Kampi ist, Gott sei Dank, recht gut bestückt. In den Tiefen der Kühltruhe ruhte noch ein Rehrücken, vom Jäger. Mit Knochen.
Gerade jetzt ist es an der Zeit genau diesen aufzutauen. Spargel haben wir zur Zeit immer im Haus. Na und mit der gebeizten Forelle, die auch noch im Kühlschrank vor sich hin zieht, können wir doch ein vortreffliches Sonntagsmenü zaubern.


Und genau so haben wir es am Sonntag auch gemacht!
Als erstes bekommt der Herr Kampi den Auftrag, das Rehfilet vom Knochen zu lösen (das ist nach Essen, Fisch einkaufen und zerteilen die nächstliebste Aufgabe).
Die Knochen werden sodann in einen Fond verwandelt.Aus dem nun schon bekannten Vorrat wird dann noch ein Rehjus hinzugefügt (selbstgemacht!). Wir haben  doch keine Zeit! Da tricksen wir ein wenig, mit dem Geschmack.
Der Spargel wird geschält und mit den Schalen ein Spargelfond gezogen. Aus eben jenem kochen wir eine Spargelsuppe, noch ohne Einlage. So richtig mit Weißwein abgelöscht und mit Sahne eingekocht...
Das muss ich ja hier niemandem wirklich erklären, oder?

Der Anfang fürs Menü ist gemacht.
Jetzt machen wir aus dem Rehfond erst mal eine Reduktion mit Rot- und Portwein. Die soll dann als Soße dienen.
Die Kartoffeln garen, geschält, so nebenbei. Ein paar Erbschen müssen noch gekocht werden, der junior mag keinen Spargel (da tun es auch Erbsen aus dem TK). Der Rest Rhabarber aus dem Keller passt ja jetzt auch in die Jahreszeit, und mit Ingwer und Chili auch zum Bambi.
Der Spargel für die Einlage der Suppe wird in feine Scheiben geschnitten und darf mit Zucker und Salz erst mal Saft ziehen, um dann in einer Pfanne Hitze zu bekommen. Die Forelle in Scheiben schneiden und in einem extra Löffel zu der Suppe reichen,welche aber keine reine Spargelsuppe werden wollte. Bärlauch und Petersilie verwandelten das Ganze mit Hilfe der jetzt immer vorrätigen Kräuterbutter und des Pürierstabes in ein grünes Schaumsüppchen, welches auf den Spargelscheibchen platziert wird. Ein paar Tröpfchen Zitronenöl runden das ganze noch ab. Was für ein schöner Auftakt.



Mittlerweile sind die Rehfilets angebraten,gebettet auf Thymian und Rosmarin, gewürzt mit einer Würzmischung aus Korianderkörnern, Wacholderbeeren, Piment und Pfeffer, in den Ofen gwandert, um dort in sanfter Hitze zu garen.
Die Kartoffeln sind jetzt weich und werden erst mal durch die Presse gejagt. Das Püree wird mit Milch glattgerührt und geteilt. Die eine Hälfte bleibt natur und die andere Hälfte wird mit gekochten, gepressten Möhren/Karotten und Tomatenmark verrührt. Um Eindruck zu schinden habe ich das Ganze beim Anrichten natürlich effektvoll als zweistöckiges Türmchen angerichtet. Das Fleisch ist mir fantastisch rosa und butterzart gelungen und wurde auf der Soße zum Pürree drapiert. Das Gemüse noch dazu, den Rhabarber auf das Fleisch gegeben. Fertig!


Für meine Meinung war der Rhabarber ein wenig zu sauer, er hätte ruhig noch etwas Honig oder Zucker vertragen können. Aber alles in allem waren alle sehr zufrieden. Muss wohl geschmeckt haben, es ist nichts übrig geblieben.
Am Sonntag abend haben wir auch noch gegrillt. Jetzt weiß ich auch, warum der Herr Kampi letztens so einen Wert drauf gelegt hat, in der "Metro" die tiefgekühlten T-Bone-Steaks einzukaufen. Er war in den Plan eingeweiht.
Wir haben zusammengesessen, gegessen und geredet. Es war wie früher, als wir alle einfach so um die Ecke wohnten und jeder jedem jederzeit auf die Nerven fallen konnte.
Und jetzt ist? Brüderchen ist schon wieder in seinem Zuhause am fernen Bodensee. Aber bald kommt er wieder, hat er versprochen. Auch wegen dem Essen?
Ich hoffe doch. Und wenn nicht deshalb, dann einfach nur um seine Schwester zu besuchen!

6 Kommentare:

nata hat gesagt…

Offenbar bist Du eine Meisterin im Bewirten von Überraschungsbesuch, - alle Achtung! Der Bruder kommt bestimmt bald wieder.

Jutta Lorbeerkrone hat gesagt…

Also, ich wuerde mich schon fuers naechste Wochenende wieder anmelden!

Kochfelder hat gesagt…

Für ein "entspanntes Wochenende" hast du ganz schön viel gekocht! Ich habe 6 Geschwister und 4 Schwäger bzw. Schwägerinnen und sie kommen alle gerne zu uns nach Hause!! Das Essen sieht sehr lecker aus, würd ich auf der Stelle kommen, auch ohne Verwandtschaftsgrad.

Peter hat gesagt…

Ja, so soll Rehrücken aussehen. Schade, dass meine Schwestern nicht so kochen können.

Karin hat gesagt…

in solchen Momenten vermisse ich auch eine Schwester, die so gut kochen und bewirten kann !
Du bist ein bischen weit weg von mir, sonst würde ich mich glatt mal unter Deinen Überraschungsbesuch "mischen" :-)))

...Frau Kampi... hat gesagt…

Danke an euch alle für die Komplimente. Da ist er ganze Stress vergessen. Würde euch am liebsten adoptieren, so rein virtuell meine ich.