Montag, 29. November 2010

Omas Familienrezept, passend zum ersten Advent

So, heute mal was traditionelles. Nix Schäumchen oder Sößchen oder so....richtig rustikal.
Ein Rezept aus der Familie des Herrn Kampi. Und ein wenig aus der Familiengeschichte noch dazu.

Also heute mal der Kaninchenbraten nach Art der Oma Moorie.

Aber vielleicht erst mal zur Familiengeschichte. Die Wurzeln des Herrn Kampi liegen in Österreich.
Sein Großvater kam in den Wirren des Krieges zu uns in die Oberlausitz, weil hier Granit (immer noch)  abgebaut wird. Und Arbeitskräfte wurden zur damaligen Zeit immer gebraucht. Deshalb kam er mit seiner böhmischen Frau in unsere Gegend. Es kamen 5 Kinder auf die Welt, die von dem bescheidenen Verdienst ernährt werden mussten. Also wurden auch Kaninchen gezogen. Ein preiswertes Nahrungsmittel, was durchaus auch mit andern Sachen zu etwas leckerem ergänzt werden konnte. Die Kaninchen wurden mit trocken Brot, Kartoffeln und Resten aus der Küche, wie Möhrenschalen oder Haferflocken wohl genährt. Das ergab dann ein Sonntagsgericht, welches sich fast von allein im Backofen garte.
Und damit alle satt wurden, wurde gelegentlich auch noch etwas Schweinefleisch mitgegart.
Das Kaninchen wurde in Stücke geteilt und meist zwei-drei Stunden im Ofen geschmort. Das hatte natürlich zur Folge, dass die zarten Stücke, wie Rücken oder auch Vorderläufchen total trocken und regelrecht zergart waren. Darauf kam es aber nicht an, Hauptsache alle waren satt. Dazu gab es böhmische Knödel und Sauerkraut, welchem kurz vor dem Servieren noch feingehackte rohe Zwiebel und viel Majoran untergemischt wurde.

Leider habe ich die gute Oma nicht mehr kennengelernt, ist sie doch schon vor über 25 Jahren verstorben.  Aber einige ihrer Rezepte leben in der Familie Kampi weiter. Sie muss eine sehr gute Köchin und geschickte Haushälterin gewesen sein. Schaffte sie es doch mit ihren bescheidenen Mitteln immer etwas leckres auf den Tisch zu bringen und die riesige Kinderschar samt Schwiegerkindern und Enkeln satt zu kriegen.  Der Herr Kampi, seine Eltern und auch die anderen Verwandten schwärmen heute noch!

Und am meisten wirklich vom Kaninchenbraten. Das Rezept ist auch fast das einzige, was in der ganzen Familie noch gekocht wird. Die anderen Rezepte, wie die legendären Plätzchen aber auch die Knödel beherrscht nur noch eine Tante des Herrn Kampi, die uns, meist zur Weihnachtszeit dann mit den Köstlichkeiten beglückt. Sie hat das von ihrer Schwiegermutter noch erlernen dürfen. Ich hoffe ja immer noch darauf, dass ich irgendwann mal in den Genuss komme, diese traditionellen Rezepte zu erhalten und aufzuschreiben.

Ich habe das Kaninchen schon einige Jahre nicht mehr so gekocht. Und da ja der erste Advent anstand, hielt ich es für gegeben, das alteRezept mal wieder hervorzukramen und etwas in die Moderne zu holen. Aber ich wollte schon den eigentlichen Charakter des Gerichts bewahren.
Ich habe kein ganzes Kaninchen gekauft, sondern nur die Keulen. So konnte ich sicher sein, dass das Fleisch gleichmäßig gart.

Die Keulen werden in einer Schüssel mit Senf und Kümmel mariniert, so lange, bis das Gemüse in feine Würfel geschnitten ist. Zwei Zwiebeln, 2 Möhren, ein Stück Sellerieknolle (nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig, der Sellerie macht einen Teil des typischen Geschmacks aus!), etwas Petersilienwurzel.
Eigentlich wollte ich das Fleisch noch sanft etwas anbraten. Da aber der Senf recht schnell am Boden anhing und bitter zu werden drohte, hab ich den Versuch abgebrochen und den Bräter gereinigt und wieder auf die Flamme gestellt. Dann habe ich einige Speckstreifen ausgelassen und das Gemüse darin leicht angeschmort. dann noch drei Zehen Knoblauch kleingeschnitten und mit den mit Salz und Pfeffer gewürzten Keulen auf das Gemüse gesetzt. Etwas Fleischbrühe angegossen und dann bei sanfter Hitze ca. 1-1 1/2Stunden in den Ofen geschoben. Kein Wein angegossen, nix... so original wie möglich.


Wie schon erwähnt gab es dazu bei der alten Moorie hausgemachte böhmische Knödel, traditionell in einem Küchentuch eingerollt gedämpft und mit dem Faden geschnitten,  auf die dann das schöne goldene Fett geträufelt wurde. Da die Kaninchen heute nicht mehr so fett gezüchtet werden und wir ja auch alle etwas gesundheitsbewusster essen, haben wir auf diesen Teil der Tradition sehr gerne verzichtet.

Ich habe mich entschieden ein Kartoffel-Sellerie-Pürree dazuzureichen.
Und ich habe seit ewigen Zeiten mal wieder Sauerkraut auf den Tisch gebracht. Eigentlich wollte ich dafür ja richtig frisches Kraut vom Fass kaufen. Habe ich aber leider bei meinem freitäglichen Wochenmarktbesuch total vergessen.
So musste ich wohl oder übel auf ein Weinkraut aus der Dose zurückgreifen. Beim Öffnen war ich schon etwas enttäuscht, das es schon so weich gegart war. Aber es hatte einen sehr milden Geschmack. So habe ich in ein paar ausgelassenen Speckwürfeln eine fein geschnittene Zwiebel angeschwitzt und dann Würfel von einem schönen festen Gala-Apfel dazugegeben. Dann dasKkraut nur heiß werden lassen und reichlich getrockneten Majoran unterrühren.
 In der Zwischenzeit waren dann auch meine Kaninchenkeulen gar. Ich hab sie im Ofen warmgestellt und die Sauce samt Gemüse durch die flotte Lotte gedreht. Dadurch bekam ich eine schöne, fast breiige Sauce, die nur noch etwas Salz und Pfeffer brauchte.

Da ich aber auch nicht ganz auf etwas Firlefanz verzichten wollte, habe ich gleichzeitig mit den Keulen auch eine Pfanne mit in Monde ausgestochenen Sellerie-Scheiben gegeben, die mit Rosmarin und Pfefferkörnern in Olivenöl konfiert wurden. Das Rezept stammt von Alexander Herrmann und wurde in der letzten Ausgabe der Essen&Trinken veröffentlicht.

 
Besonderen Wert habe ich auf das Anrichten gelegt. Aus dem Pürree wurden Nocken geformt und das Kraut in einen Ring gegeben, damit es besonders hübsch und nicht zu rustikal aussieht.


Und was soll ich sagen, der Herr Kampi fühlte sich ein wenig in seine Kindheit versetzt. Er sagte, die gut Moorie wäre bestimmt stolz auf mich.Im Nachhinein hatte sich das Dosenkraut als ein richtiges Híghlight rausgestellt.


Und da noch etwas übrig war und so gute alte Sachen aufgewärmt fast noch besser schmecken, haben wir heute zum Montag noch einmal ein festliches Mahl gehabt. Und in Gedanken war die gute Oma bei uns!

8 Kommentare:

Freundin des guten Geschmacks hat gesagt…

Sandra, Du Schwester im Geiste. Es geht doch nichts über traditionelles Essen.

Karin hat gesagt…

Da hätte ich gerne mit gegessen !!!
Ich mag Kaninchen, leider nicht der Herr dieses Hauses.
Dein angerichteter Teller sieht phantastisch aus, tolles Foto !

Markus hat gesagt…

Endlich mal ein schönes Kaninchen-Gericht! Leider essen die meisten meiner Freunde kein Kaninchen :-( Daher kann ich das Rezept in meiner Küche nur bedingt verwenden...

Kochfelder hat gesagt…

Es gab immer schon Menschen, die gerne gekocht haben, auch in eher magere Zeiten. Die haben dann noch mehr Fantasie gebraucht als wir heute. Oma Rezepte sind einfach toll! Deines sieht sehr gut aus.

Birgitt hat gesagt…

...deine Überschrift hätte ich auch nehmen können, denn bei uns gab es auch das typische Oma - Essen: Rindsrouladen, Kartoffelklöße und Rotkraut. Das hat meine Oma zu Festen immer gekocht. Letzte Woche habe ich plötzlich mal daran gedacht und soooo einen Appetit darauf bekommen, das es gleich auf den Speiseplan kam.
Dein Essen hätte ich allerdings auch sehr gerne gegessen, liebe Sandra, denn es sieht sooooo lecker aus und Kaninchen mag ich sowieso sehr gerne.
Wünsche dir eine schöne Adventswoche,
liebe Grüße von Birgitt

Arthurs Tochter hat gesagt…

schon wieder ein Rezept, das ich auf Huhn adaptieren muss. :)
Aber die Geschichte dazu ist schön!

Siglinde vom Ideentopf hat gesagt…

Hallo Sandra
habe am Wochenende auch Kaninchenschenkel gemacht, ganz einfach wie es mir meine Mutter gelernt hat. Deine klingen auch nicht schlecht, muß ich mir merken und ausprobieren. LG Siglinde

Monika hat gesagt…

Oma Rezepte, das klingt nach "gute, alte Zeit". Meine Lieblingsrezepte kommen aus dem handgeschrieben Rezeptbuch meiner Mama - für mich ein wertvoller Küchenbegleiter - und wie du richtig schreibst, Sandra, sind unsere Lieben, dann nah bei uns.
Liebe Grüße aus Eppan, Monika